Mittwoch, 12. September 2012

Auf dem Weg nach Mumbai

Weiter geht’s auf meiner Reise, mittlerweile sind schon zwei Wochen verstrichen. Zunächst war ich in den Backwaters von Aleppey. Es gibt hier unendliche, riesige, von Palmen gesäumte Kanäle, die sich noch weit in Norden und Süden erstrecken. Am Ufer haben unzählige Familien ihr Leben angesiedelt, entweder als Entspannungsdomizil (Kerala hat ja viele wohlhabende Einwohner) oder Bauernfamilien, die ihre (Reis-)Felder gleich vor der Haustür haben. Die Menschen kommen zum Waschen, Kochen, Beten und auch alles andere ans Wasser, man hat also direkten Einblick ins Privatleben. Ich hab mich mal dazu hinreißen lassen, eine kommerzielle Bootstour zu machen – ich habe es nicht bereut . Auf einem wunderschönen Schiff mit Flechtdächern, Hängestühlen und Köchen inklusive. Mit mir waren bunt gemischte Westler dabei. 
 Backwaters und ein Schiff wie wir es hatten
 Schiff und wir von drinnen.
 Anlegestelle für die Nacht.
 Goldflut am Morgen, Frau holt Wasser zu Frühstück-Kochen.
 Kingfisher, ein Wahrzeichen und Logo einer der größten Konzerne Indiens. Ziemlich schön!
 Momulo kann übers Wasser rutschen

Danach habe ich mir in Cochin die keralanischen Kunstformen reingezogen: Katakali, eine Theaterform mit aufwendigen Kostümen, deren Geschichten hauptsächlich über Gesichtsmimik und Fingergesten erzählt wird. Es gibt dann etliche Figuren und Formen für Gegenstände und Emotionen, die man nicht alle so schnell begreifen kann. Trotzdem sehr eindrucksvoll. Spektakulärer ist eine spezielle Martial Arts-Form, Kalaripayattu, bei der die Gegner mit übelsten Waffen auf einander losgehen und nicht gerade zimperlich sind. Neben krassen Sprüngen und Saltos gibt es auch ruhigere Aufwärmübungen mit Elementen aus Yoga, andere Techniken sind bei irgendwelchen Schlangen und Affen abgekupfert. Makaber, dass die sich so früher abgeschlachtet haben. 
 Katakali-Theater.
 Chinesische Fischernetze am Hafen von Cochin.
 Martial Arts am Strand.
 Wäschewaschen auf indisch, in einer Wäscherei.

Danach bin ich nochmal in einen Urwald gefahren, in dem es riesige Raupen und die tollsten Passionsfrüchte gab. Das spektakulärste war eigentlich eine nicht enden wollende Busanfahrt, die wirklich genug Stoff für einen Roman gibt. Nur mal in kurz: in einer von 1000 viel zu engen Kurven hat mein Bus, der wie alle anderen Busse viel zu schnell war, einen anderen Bus seitlich gerammt, eigentlich nur äußerer Schaden. Eigentlich. Die Busfahrer mussten dann aber nochmal klar stellen, wer von ihnen für welche 50% Teilschuld verantwortlich sind und haben sich ein paar saubere Fäuste ins Gesicht geschleudert. Indien-typisch stehen dann 50 Leute direkt bei den Beteiligten und glotzen. Nagut, einer wollte dann auch noch mitprügeln. Ich hatte dann irgendwann keinen Bock mehr, mir dieses Drama zu geben, und bin prompt per Anhalter weiter gekommen (immerhin war ich in gottverlassenen Bergen, in denen keiner eine meiner Sprachen spricht und nur gelegentlich mal ein funktionierendes Gefährt vorbei kommt). Im nächsten Bus ist dann irgendwann ein Keilriemen gerissen, woraufhin der Busfahrer beherzt in die Ersatztruhe griff und den Bus immerhin so reparierte, dass er im ersten Gang weiter fahren konnte. Wiederum im nächsten Bus konnte dann endlich wieder ein netter Mann etwas Englisch, der kannte auch die Unterkunft  in HoneyValley, zu der ich wollte. Nur liegt die von der letzten Bushaltestelle nochmal 30 Minuten entfernt. Weshalb der Busfahrer einen Jeep bestellte, der mich vorbei an Wasserfällen auf einem steilen Schlammweg auf einen Hügel raste, wooohoo! Netter Aufenthalt, aber am nächsten Tag musste ich langsam in Richtung Mumbai. Im Bus nach Mangalore rief dann ein Inder, der mich promt anquatschte, einen Freund im Reisebüro an und stellte fest, dass mein erhoffter Nachtbus nicht fährt. Weil es schon nacht war und er in Mangalore studiert, hatte ich kurzer Hand eine Unterkunft und noch einen super Biketrip durch die Stadt zu einem Tempel und zu einem Bier. Ein super Abenteuer! 
 Ist das nicht ein wunderbarer Platz für ein Filmplakat, Herr Polizist?

 Eine Stunde Abtecher nach Goa: lange, weite Strände, Sonnenbrand. Kann weiter gehen!


Im Zug nach Mumbai hatte ich dann auch gleich den nächsten supernetten Menschen kennengelernt, bei dem ich die nächsten zwei Tage in Mumbai verbracht habe.
Die Stadt ist einfach traumhaft. Habe gleich morgens nach einer Marktbesichtigung nach Dabbawallas Ausschau gehalten. Die gibt es nur hier, eine niedrige Kaste, die einen sehr speziellen Beruf ausführt: sie bringt das Essen von ca. 200000 Ehefrauen jeden Mittag zu deren Männern ins Büro. Denn das Essen von Zuhause schmeckt ja am Besten. Es gibt ca. 5000 Dabbawallas in der Stadt, die sich ausschließlich per Zug, Fahrrad, mit einem Holzkarren oder zu Fuß durch die Stadt bringen. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass die Stadt wirklich kein bequemes und berechenbares Pflaster von Gegenständen (noch nicht mal von den eigenen zwei Beinen) ist, und trotzdem schaffen diese Leute es, die Essen an allen Haustüren einzusammeln, zu Verteilerpunkten zu bringen, umzusortieren (nach einem bestimmten Code, der mit Kreide auf die Behälter und Taschen geschrieben wird) und direkt in die Büros zu bringen. Das Ganze ist so effizient, dass das Essen auf die Minute genau am Platz landet und statistisch eines von 16 Millionen Paketen verloren geht. Ich hatte das besondere Glück Shankur zu treffen, der mich eingeladen hat, mit ihm mit zu kommen – was wohl nicht vielen Touris passieren wird. Ich bin in sämtliche Bürogebäude hinein gekommen, die bewacht werden. Weil die Kaste aber so einen Respekt in der Bevölkerung genießt, dass nicht mal jemand auf die Idee kommen würde, eines ihrer Fahrräder zu stehlen (die werden immer unabgeschlossen auf der Straße stehen gelassen), wurde ich lächelnd überall herein gebeten. Habe zwar nicht viel mit ihm reden können, weil er bei jeder Frage nur grinsend genickt hat, aber wir haben auch so super verstanden. Am Ende gab es noch einen Happen von seinem eigens mittransportierten Essen, das ich ohne Probleme zum schärfsten ganz Mumbais erkläre.
Danach habe ich einen indischen Rockmusiker und Musikproduzenten getroffen (checkt einen alten Clip von ihm out: http://www.youtube.com/watch?v=TESwYu7RdU4) der für indische Verhältnisse ne härtere Gangart einlegt und kein Blatt vor den Mund nimmt. Genau so ist er selbst – herzensgut, gnadenlos ehrlich und ziemlich witzig. Oh, und ein echt guter Musiker! Haben dann noch einen 2 stündigen Trip durch die Skylines von Mumbai auf der Schnellstraße auf seinem Bike veranstaltet, diese riesigen Gebäude sind beeindruckend, da müssen deutsche Gebäude echt einstecken. Am nächsten Tag hatte ich dann noch einen Blick auf die Elefanta-Caves, ein paar uralte Höhlen mit riesigen Götterebenbildern. Dabei habe ich Dan aus New York getroffen, mit dem ich gerade nach Rajastan weiter reise.
 Dan in den Elefanta-Caves.
 Morgentliches Schmücken von Götterabbildern in der Bahnstation.
 Das Taj-Hotel am Meeresufer. Bekannt durch den Terroranschlag vor ein paar Jahren.
 Fleischreste auf dem Markt.
 Noch mehr (zukunftiges) Fleisch.
 Die Buchhaltung hat wohl nix zu tun.
 Marktreste. Hier sammeln die Armen noch Essbares.


 Ein Tag mit den Dabbawallas.










Tee-Shop mitten in einem Bürokomplex.



 Über die Jahre entstehen dann auch Freundschaften
 Ein echter Müller!
 Morgentliche Rush-Hour in den Zügen.