Taj Mahal
Ich hatte mir mal sagen
lassen, dass man keine neuen Bilder mehr vom meistfotografierten Gebäude der
Welt machen könne… naja, ich habe mich
trotzdem mal dran versucht. Dem islamischen Erbauer, Mogul Shah Jahan wird übrigens
ständig nachgesagt, dass er aus tiefsinnigster Liebe heraus dieses Mausoleum für
seine verstorbene Frau errichten ließ. Soweit richtig. Aber lang nicht so
romantisch. Neben ihr hatte er nämlich noch 70 andere Frauen, mit denen er sich
weiter vergnügte, auch wenn diese sich damit zufrieden geben mussten,
irgendwann mal einen normal abgelutschten Grabstein zu bekommen. Das Taj war
neben anderen Investitionen eine solche Ausbeutung seines Volkes, dass er den
Boden verlor und sein eigener Sohn ihn stürzte. Er setzte ihn für die
restlichen acht Jahre seines Lebens in ein Gefängnis, in dem er das Taj durch
sein Kerkerloch bewundern durfte. In der Tat ist das Gebäude vielleicht das
beeindruckendste, das ich gesehen habe. Es sieht einfach zu jeder Tageszeit
aus, als hätte es jemand von Disney an den Horizont gemalt. Selbst das härteste
Sonnenlicht bricht zart an den hellen Steinen.
Varanasi
Die Stadt ist die
heiligste aller indischen Ziele, sie liegt am Ganges und ist Quelle aller
unserortigen Geschichten von Totenverbrennungen und morgendlichen
Badezeremonien. Sie ist uralt, eventuell die älteste aller Städte der Welt. So
genau lässt sich das aber nicht zurück verfolgen, weil sich die indische
Geschichtsschreibung gewöhnlich mit allerlei Sagen vermischt. Die Stadt hat
eine Art Sandwitch-Entwicklung hinter sich, erst waren da vor tausenden Jahren
die Hindus, die haben mit Gott Shiva persönlich die Stadt begründet und
hunderte von Tempeln gebaut. Dann sind die Muslime gekommen und haben die
Sandburgen alle puttgemacht und auf den Tempelfundamenten (!) ihre Moscheen erbaut,
jetzt stehen wieder fast überall Tempel, die so ca. 300 Jahre alt sind. Fast.
Das höchste Gebäude der Stadt ist eine uralte Moschee. Generell gibt es einigen
Stunk zwischen Hindus und Moslems, weswegen Massen an Polizisten mit Gewehren
rumlaufen. Die Gewehre sehen so aus, als hätten die Briten sie in den 60ern
ausgemustert, als es keine Tiger mehr abzuknallen gab. Wie auch immer.
Ein Leichenverbrennungs-Ghat mit hunderten von kreisenden Vögeln, morgens.
Gebet am Wasser. Wie der Mann trocken dort hin gekommen ist, weiß ich nicht. Es gab jedenfalls keine Tür...
Yoga und Wäsche.
Abends wird eine Zeremonie gehalten.
Der wohl auffälligste aller Bettler der Stadt, mit der Müdigkeit kämpfend.
Bewaffnete Polizei in jeder zweiten Gasse.
Ich war
jedenfalls mit der Erwartung in die Stadt gekommen, eine friedliche, spirituelle,
entspannte, atmosphärische Welt vorzufinden. Völlig orientierungslos wurde ich
aber erstmal von vier mehr als aggressiven Schleppern durch die engen Gassen
verfolgt, die mich in überteuerte Hotels lotsen wollten. “This my city, I can also walk here”, damit ließen sie sich nicht friedlich abschütteln. Ich war wirklich kurz davor, ihnen ein paar
christliche Willkommensgrüße ins Gesicht zu batschen. Hab mich dann in letzter
Minute doch noch in ein Hotel aus dem Guide retten können. Aber auch die ersten
Touren ohne Gepäck waren enttäuschend, die Stadt ist dermaßen kommerzialisiert.
Jede heilige Stätte ist mit Werbung beklebt, jede (ungelogen) zweite Person
springt einem in den Weg, um einem irgendwas anzudrehen. Und jede erste Person,
die man anspricht, will einem spätestens bei der Gelegenheit was verkaufen,
auch wenn es nur ein Entgeld für die mit Wink angedeutete Richtung ist, in die
man zu erfragtem Ziel laufen soll, dessen Winkel mal locker 90 Grad
Himmelsrichtungen abdeckt und man nach 10 Minuten feststellt, dass er einen in
die falsche Richtung geschickt hat. Die Stadt erstickt in Müll und
Menschenmassen und aggressiven Kötern, die sich täglich gegenseitig oder auch
mal ein Kind zerfleischen. Ausgerechnet hier hat mir einer der Ärmsten den
wärmsten Empfang bereitet, Vijay Anand Baba: er winkte mir wild gestikulierend
zu, ich solle einen Chai mit ihm trinken. Er kann etwas Englisch, wenn auch nur
ganz wenig, seine Sätze beginnen gewöhnlich mit “My holy Varanasi” und enden
mit “famous city” oder “Shiva power” und
leider konnte ich mir nichts aufschreiben, was er mir an Namen und Orten erzählt
hat, weil es unaussprechlich lange Worte waren, die er mir dankender Weise in
Hindi aufgekritzelt hat, was ich auch nicht lesen kann. Er lebt seit seinen von
ihm selbst auf 68 bezifferten Jahren in
der Stadt und gehört zu einer Unterkaste der Brahmanen, die wohl übersetzt
“Tiger” heißt, und etwas von einem friedlichen Tiger hat er auch. Er besitzt
absolut nichts außer einem kleinen Beutel, darin hat er ein paar Rupien in Tücher
eingebunden, in die er sich selbst nachts einwickelt, ein Bisschen Schminkzeug und
etwas Essen. Vor ein paar Wochen hatte er einen Unfall, ein Motorrad hat ihn
angefahren. Und weil in Indien jeder für sich selbst verantwortlich ist, wird
man dann noch von irgendwem in ein Krankenhaus gekarrt und muss dann selbst
klar kommen. Die 180 Euro für die OP seines Beinbruchs haben Freunde und Bekannte
gespendet, für täglich 1,20 EUR für Magnesium und Paracetamol muss er betteln
gehen. Dabei hat er es noch verhältnismäßig gut, seine Kaste garantiert ihm
einen heiligen bzw. respektierten Status, und mit seinem fröhlichen Charme
bekommt er an jedem Marktstand (wo nun auch nicht die reichsten Menschen
arbeiten) irgendein Stück Gemüse geschenkt, und auch eine Bank auf der Straße
kriegt er von einem Freund gestellt. Ab dem Tag, wo ich ihn traf, wollte er seine Einkünfte dann auch noch mit mir teilen, und ich konnte nicht immer ablehnen. Leider
vertragen sich die dreckigen Essensklumpen aus den dreckigen Händen nicht gut
in meinem Magen, seit 2 Tagen liege ich flach. Baba, wie ihn hier alle nennen,
ist für sein gebrochenes Bein und sein Alter jedenfalls ziemlich flott
unterwegs und hat mir viele nette und versteckte Flecken der Stadt gezeigt. Plötzlich
waren auch mehr Menschen um mich rum nett oder wollten mir zumindest nicht
irgendwas andrehen. Am Ende hat er mir noch seinen Segen gegeben. Und, was soll ich sagen: Ich bin gesund und unausgeraubt, voller guter Laune wieder zurück in Deutschland!
Baba zeigt mir die Stadt.
Morgendliches Bad im Ganges.
Die nächtliche Bank zum Schlafen.
Am 3. Tag wollte doch tatsächlich niemand mehr meinen Weg
kreuzen! Und wie es der indische Zufall so will, war gestern ein ganz
besonderer Tag. Frauen und Männer aus allen Teilen des Landes kamen zu einer
bestimmten Stelle an einem Tempel, wo Treppen zu einer Pfütze abgeleiteter
“Mutter” Ganges hinab führen. An diesem einen Tag, so irgendeine Erzählung, sollen
alle Ehepaare, die keine Kinder bekommen können, ihre Fruchtbarkeit wieder
bekommen, “no doctor, no medicine, mother ganga power”, wie Baba erklärt. Wir
stapfen also durch Berge hastig abgerupfter Kleidung und pressen uns im Strom
tausender Menschen zu eben jenen Treppen, an deren Fuß unglaublich viel mehr
Menschen auf einmal in einem Tümpel heiligen Wasser tauchen und auch noch Gemüse
und Blumen einstreuen. Die Luft wird gepeitscht von dröhnenden
Lautsprecheransagen, die wohl Gebete sein müssen, denn sie finden einfach keine
Pause. Auf dem Weg zum Ufer findet man viele Eltern, die ihre Kinder den Kopf
rasieren lassen, um sie dann mit Ganges-Wasser zu waschen - ein Ritual, um sie von allem Karma zu befreien.
Entsetzen kurz vor dem Rasieren. Die Farbe um die Augen soll die Sehkraft von Kindern erhalten.
Manche Kinder nehmen es gelassen...
Wäscheberge vor dem Bad.
Himalaya
Hier noch ein paar Bilder von meinem kurzen Hike nach Nepal.
Aufstieg im Nebel.
Am nächsten Morgen das Wunder. Am Horizont: Kangchenjunga, 8586 Meter.
Ein Hund hat mich begleitet und mir die Krähen vom Hals gehalten.
Alien-Wolke bei Sonnenuntergang.